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Sudan: Nach Ende des Bürgerkriegs im Süden (Reisebericht)

Bericht vom 29.05.2004


Die Mutter von vier Kindern liegt im Sterben.


Am nächsten Tag ist sie bereits beerdigt.


Karges Land und primitive Hütten: ein für uns unvorstellbares Leben.


Unsere Hilfsgüter kommen gerade noch rechtzeitig.


Zwei unserer Helfer nach dem Entladen des Flugzeugs.


In einfachen Hütten ist die Bibelschule untergebracht.

Der Bürgerkrieg im Süden ist beendet, aber die Nöte sind immer noch riesengroß. Der Projektmanager von Gebende Hände schildert seine Eindrücke aus dem Krisengebiet. Er begleitete im Mai 2004 mehrere Hilfsflüge und berichtet:

Nyarun Yur Deng liegt im Sterben. Sie ist 35 Jahre alt, hat vier Kinder im Alter zwischen zwei und fünf Jahren. Sie kann nicht mehr schlucken und demzufolge auch nichts trinken. Im Schatten ist es etwa 45 Grad heiß.

Normalerweise ist so eine Krankheit kein Problem. Dem Körper wird durch Infusion dann die nötige Flüssigkeit zugeführt. Doch Nyarun gehört zu etwa 1.000 Flüchtlingen aus dem Volk der Shilluk, die eine Woche vor unserem Hilfsflug aus ihren Dörfern durch islamistische Milizen vertrieben wurden und in der Siedlung Payuer etwa 250 km westlich von der äthiopischen Grenze, direkt am Weißen Nil, Zuflucht fanden.

Ursache der Vertreibung ist die Politik der Regierung in Khartum, möglichst viele ölreiche Gebiete um die Nuba-Berge herum in ihren Einflussbereich zu bringen. Joseph, der Krankenpfleger in der Siedlung, kann auch nichts für die Flüchtlinge tun. „Das Rote Kreuz holt nur die heraus, die durch Bombenangriffe oder Kampfhandlungen verletzt wurden“, sagt er und hebt resigniert die Hände.

Ihm fehlt es an allem. Sein Lazarett besteht aus einigen Strohhütten, in denen die Kranken auf Matten liegen. Steriles Verbandsmaterial oder gar Medikamente hat Joseph schon lange nicht mehr gesehen.

Islamistische Milizen
Flüchtling ist hier jeder – mehr oder weniger. Denn der schon über zwei Jahrzehnte dauernde Bürgerkrieg hat wohl die meisten Menschen im Süden des Sudan aus ihrer Heimat vertrieben. Wenn es nicht die Bomben aus den Flugzeugen der Regierung oder die Angriffe der Kampfhubschrauber waren, die ihre Dörfer zerstörten und ihre Felder verwüsteten, dann sind es die berittenen islamistischen Djanjaweed-Milizen gewesen, die mit Duldung und Unterstützung Nord-Sudans die Häuser niederbrennen und dabei Menschen abschlachten wie Vieh.

Wer übrig bleibt, leidet Hunger. Den Kindern sieht man es an den aufgeblähten Bäuchen an. Die meisten besitzen nur das, was sie auf dem Leib tragen. Mit unserem Flugzeug haben wir knapp sechs Tonnen Hilfsgüter gebracht – darunter Mais, Salz, Werkzeuge, Seife und Moskitonetze. Angesichts der Not ein Tropfen auf einem heißen Stein. Gerade noch vor Beginn der Regenzeit konnten wir landen, denn in etwa einer Woche wird die Gegend zur Sumpflandschaft.

Seit März keine Lebensmittel mehr
Nach unserem Rundgang durch die Siedlung sprechen wir mit Elijah, dem lokalen Kommandanten der südsudanesischen Volksbefreiungsarmee SPLA. „Die letzten Lebensmittel haben wir im März bekommen.“ Sie seien durch eine andere private Hilfsorganisation gebracht worden, und die Vereinten Nationen hätten zum letzten Mal einige Monate vorher Hilfsgüter aus Flugzeugen abgeworfen. Wir seien zur rechten Zeit gekommen.

Uns wird von den schlechten Wasserbedingungen berichtet. Zwar ist der Nil nur wenige hundert Meter entfernt, doch ist das Wasser ohne Aufbereitung nicht genießbar. Besonders schlimm ist, dass von den sudanesischen Regierungstruppen immer wieder Leichen in den Fluss geworfen werden, um das Wasser zu vergiften. „Erst vor zwei Tagen trieben wieder einige Leichen im Nil“, sagt Elijah.

Unter den knapp 3.000 Bewohnern der Siedlung gibt es viele Kinder, die jedoch keinen Unterricht haben. So wünscht sich der Kommandant eine mobile Schule. „Denn im Notfall müssen wir hier ganz schnell weg, und da wären am besten wasserdichte Kisten für das Schulmaterial.“

Hilfsorganisationen kämen nur ganz wenige hierher, weil es für die meisten zu gefährlich sei, denn der nächste Stützpunkt der Regierungstruppen ist nur wenige Kilometer nördlich. Am nächsten Tag entschließen wir uns kurzfristig, nochmals Hilfsgüter nach Payuer zu bringen. Nyarun wollen wir wenigstens noch einmal besuchen. Doch heute kann man uns nur noch ihr Grab zeigen.

Gut 300 km südöstlich liegt Akobo, das einmal eine Stadt war. Mittlerweile ist diese Gegend fest in der Hand der Volksbefreiungsarmee SPLA, so dass Hilfsorganisationen hier gut arbeiten können. Dennoch kommt es auch in dieser Gegend immer wieder zu sporadischen Überfällen durch Regierungstruppen. So erst Anfang Mai, als über 200 meist Frauen und Kinder kaltblütig ermordet und knapp 80 Personen verletzt wurden.

Eine Bibelschule
Eine Besonderheit ist Thornyor (etwa 400 km westlich von Akobo). Dort gibt es eine Bibelschule der Presbyterianischen Kirche. Unser Mitarbeiter James ist selbst Pastor. Er erzählt uns: „Es gibt viele Gemeinden hier in der Gegend, und die Pastoren tun ihr Bestes. Aber kaum einer hat eine Ausbildung.“

So unterrichte man die Pastoren in der Trockenzeit, damit sie in der Regenzeit ihre Felder anbauen und auch für ihre Gemeinden sorgen können. „Sie kommen jedesmal den gefährlichen Weg hierher, um sich für ihre wichtige Aufgabe zurüsten zu lassen.“

Auch den Kindern geht es hier viel besser. Seit einigen Wochen gibt es wieder Schule. „Und das wichtigste,“ betont James, „sie hören hier von Jesus Christus!“

In den letzten Tagen gibt es wieder Hoffnung im Südsudan, denn John Garrang, der Leiter der SPLA, und die Regierungsvertreter aus Khartum haben ein Abkommen für den Weg zum Frieden unterzeichnet, um den fast endlosen Bürgerkrieg zu beenden. Darauf warten hier alle: die Hilfsorganisationen, die dann ganz anders helfen können, und vor allem die Menschen vor Ort. Dann werden Schicksale wie das der 35jährigen Mutter Nyarun vielleicht der Vergangenheit angehören.

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