Kenia: Diplomatie hat gesiegt

Meldung vom 28.02.2008

Zwei Monate lang haben Millionen von Kenianern verzweifelt auf diesen Moment gewartet. Mit ihren Unterschriften unter eine Vereinbarung zur Teilung der Macht in dem ostafrikanischen Land ebneten der umstrittene Präsident Mwai Kibaki und Oppositionsführer Raila Odinga die Rückkehr zur Normalität.

Diese Normalität schien nach blutigen Unruhen, ethnischen Auseinandersetzungen und Vertreibungen von hunderttausenden Menschen kaum wieder herstellbar zu sein. Am Ende siegten jedoch Vernunft und die Einsicht, dass nur eine Koalition Kenia vor dem Absturz ins Chaos rettet.

Die am vergangenen Donnerstag unterzeichnete Vereinbarung ist auch für Kofi Annan die Stunde des Triumphs. Der ehemalige UN-Generalsekretär führte seit mehr als einem Monat die Vermittlungsgespräche zwischen den Rivalen – mit Geduld, Beharrlichkeit und zuletzt auch mit Druck. Auch nach der Einigung äußerte sich der erfahrene Friedensstifter vorsichtig. „Die Reise ist noch lange nicht vorbei, wir stehen ganz am Anfang“, erklärte er. Doch das Abkommen bringe „dem kenianischen Volk den Geist von Partnerschaft, Frieden und Wohlstand zurück“.

Kibaki und Odinga, die einer gemeinsamen Begegnung lange ausgewichen waren, schüttelten sich wiederholt die Hand. Odinga nannte Kibaki, dem er lange den Sieg bei der Präsidentenwahl abgesprochen hatte, erstmals „Herr Präsident“. Konfrontation werde von Zusammenarbeit abgelöst, erklärte Odinga. „Es wird Herausforderungen geben, aber ich bin zuversichtlich, dass wir sie durch Dialog und im Geist der Einheit lösen werden“, versicherte auch Kibaki.

Odinga erinnerte an die Opfer des blutigen Machtkonflikts. „Wir dürfen keine einzige Minute vergeuden“, mahnte er angesichts hunderttausender Flüchtlinge und der mehr als 1.500 Toten des Konflikts. „Wir müssen sicherstellen, dass kein Kenianer mehr sinnlos das Leben verliert.“ Denen, die in den Unruhen alles verloren haben, müsse geholfen werden.

Der Jubel und die Freudenschreie der Menschen, die sich vor Kibakis Amtssitz versammelt hatten, um auf die Kundgebung der Unterzeichnung zu warten, zeigten die ungeheure Anspannung nach Wochen der Gewalt. „Das ist ein wunderbarer Tag“, erklärte ein junger Mann überwältigt. Nur bei den Sicherheitskräften schien das Thema Einigung und Versöhnung noch nicht angekommen zu sein: Kurz nach der Unterzeichnung des Abkommens feuerten Polizisten mit Tränengas in die Menschenmenge, um die spontane Jubelfeier aufzulösen.

Die Erleichterung über das gefühlte Ende von mehr als zwei Monaten Dauerkrise in Kenia löst auch mehrere Tage nach der Einigung von Regierung und Opposition im ganzen Land Feierstimmung aus. Die einen zieht es dafür in die Kneipe, die anderen in die Kirche. „Das Abkommen hat Angst und Unsicherheit sofort beendet“, freut sich Washington Ogonyo Ngede, Bischof der evangelikalen „Jesus around the World“-Kirche in Kisumu. „Jeder hier war traumatisiert, auch wenn die wenigsten es zugeben wollten.“

Seit Beginn der Krise sind mehr als 1.000 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 350.000 Kenianer wurden vertrieben. Das Ende dieser Schrecken feiern seit Tagen Kenianer aller Ethnien und Einkommensgruppen. Selbst wenn die Politik sich nicht an das Abkommen halten sollte, könnte die Eigendynamik des kollektiven Glücksgefühls Kenia zu einer neuen Zukunft verhelfen.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de