Philippinen: Behandelt wie die Tiere – Filipinos als Hausangestellte

Meldung vom 23.03.2012

In vielen Haushalten arabischer Länder sind Hausangestellte nicht wegzudenken. Oftmals kommen sie von den Philippinen und sind unterbezahlt. Viele werden ausgenützt, geschlagen und missbraucht. Die Hausangestellten gehören zu der gefährdetsten Gruppierung in den arabischen Ländern, besonders in Saudi-Arabien. Laut einer Erhebung des Committee on Overseas Workers Affair (Kommitee für die Angelegenheiten von Arbeitsmigranten) erleiden 70 Prozent von ihnen fortlaufend physische und psychische Misshandlungen.

Trotz der ständigen Aufrufe und Warnungen von Menschenrechtsorganisationen hat sich an der Not dieser Menschen bisher nichts geändert. Die philippinische Regierung erreichte es bisher lediglich, die Interessen der besser qualifizierten Arbeitskräfte wie Ingenieure, Ärzte und Krankenschwestern in den arabischen Staaten zu schützen. Sie sind auf dem arabischen Arbeitsmarkt sehr begehrt und daher die einzigen, die reguläre, abgesicherte Arbeitsverträge erhalten. Die um ein Vielfaches größere Zahl weniger oder nur gering qualifizierter Arbeitskräfte, die als Hausangestellte schuften, weiß nichts von einer Absicherung, weder was ihre Arbeitsbedingungen noch ihr Gehalt oder ihren Schutz betrifft.

Mit mehr als zehn Millionen Arbeitskräften sind die Philippinen nach der Volksrepublik China und Indien das Land, aus dem weltweit die meisten Arbeitsmigranten stammen. Allein 2008 sahen sich mehr als 600.000 Philippiner aus finanzieller Not gezwungen, in den Staaten der arabischen Halbinsel Arbeit anzunehmen, obwohl die unmenschlichen Arbeitsbedingungen und die zahlreichen Fälle von Misshandlungen seit langem bekannt sind.

Unter den Einwanderern dieser großen Gruppe sind vor allem Frauen. Sie verdingen sich als Köchinnen, Hausmädchen, Kindermädchen und betreuen alte Menschen in den arabischen Haushalten. Vergewaltigungen gehören dabei zum Alltag. Arabische, vor allem saudische Arbeitgeber betrachten Hausangestellte, vor allem christliche, nicht selten als verfügbaren Besitz. Den meisten Frauen ist sogar die Möglichkeit genommen, ihre Vergewaltigung anzuzeigen, da ihnen viele Arbeitgeber bei ihrem Arbeitsantritt die Papiere abnehmen und sie damit gewissermaßen zu Gefangenen machen.

Lorena, eine junge Philippinerin, 27 Jahre alt, kam Anfang 2010 nach Saudi-Arabien, um als Hausmädchen bei einer saudischen Familie in Dschidda zu arbeiten. Neun Monate mühte sich Lorena bei der Familie ab und wurde fünf Mal vom Familienoberhaupt vergewaltigt. „Es wurde immer schlimmer. Schließlich wurde ich nur mehr wie ein Tier festgehalten und behandelt.“ Zu den Vergewaltigungen musste die junge Frau zahlreiche andere Misshandlungen hinnehmen. „Ich musste auch 20 Stunden am Tag arbeiten ohne Unterbrechung. Die Frau des Hausherrn beleidigte und schlug mich. Die Anlässe waren nichtig. Zu essen gab man mir nach einiger Zeit nur mehr ein Stück Brot und die Reste vom Essen der Familienmitglieder.“

Am 30. Dezember 2010 schaffte es die junge Christin endlich, das Philippines Overseas Labour Office (POLO), das Arbeitsamt der Philippinen für auswärtige Arbeitnehmer, zu kontaktieren, das den Fall der Polizei meldete. Nach Monaten der Ermittlungen kam der Arbeitgeber ins Gefängnis. Die junge Frau ist seither beim POLO untergekommen. Die Behörden verweigern ihr die Ausreise. Bis zum Ende des Prozesses gegen ihren Misshandler muss sie in Saudi-Arabien verweilen. Ihre Geiselhaft hat damit nur eine andere Form angenommen.

In den vergangenen Jahren registrierten POLO und die philippinische Botschaft Hunderte von Fällen junger Frauen und Männer, die an ihrem Arbeitsplatz derart gequält wurden. Unter ihnen gibt es auch Männer. Auch bekannte und große Unternehmen zählen zu den Tätern. Am 24. Februar 2012 wandten sich 89 philippinische Angestellte der Al Swayaeh Company, einem Kosmetikunternehmen, an den philippinischen Staatspräsidenten Benigno Aquino mit der Bitte, sie so schnell als möglich aus Saudi-Arabien zu befreien. Sie würden alle nur erdenklichen Misshandlungen erleiden, seit fünf Monaten auch kein Gehalt mehr beziehen und deshalb sogar hungern. Im Oktober 2011 gingen philippinische Arbeiter einer Firma wegen unerträglicher Arbeitsbedingungen auf die Straße. Die saudischen Eigentümer ließen den Protest von der Polizei niederschlagen.

Seit dem 3. November 2011 fordert Manila ein bilaterales Abkommen mit dem saudischen Arbeitsministerium, um den Arbeitsmigranten Mindestlöhne und Schutz vor physischer und psychologischer Gewalt in Aussicht zu stellen. Riad bewegte sich bisher aber noch keinen Zentimeter von der Stelle, um den Forderungen entgegenzukommen. Stattdessen wird dem weniger oder gering qualifiziertem Personal von den Philippinen die Einreise nach Saudi-Arabien verwehrt.

Vor wenigen Tagen nannte der saudische Arbeitsminister die philippinischen Wünsche nach Lohnerhöhungen und mehr Schutz für die Arbeitskräfte „absurd“ und erklärte, er habe bereits mit den Regierungen anderer Staaten verhandelt, die keine solchen Forderungen aufstellen. Auf den Philippinen nennt man dieses Vorgehen „Erpressung”, weil die wirtschaftliche Not ausgenützt und die Menschenwürde missachtet wird.


Quelle: „Katholisches. Magazin für Kirche und Kultur“, www.katholisches.info