Haiti: Die Insel der Gartenhäuschen |
Meldung vom 27.09.2013
In Haiti reichen die Wiederaufbaumaßnahmen auch dreieinhalb Jahre nach dem Beben fast nur für so genannte Übergangshäuser. Gefühlt wachsen sie praktisch überall aus dem Boden: Holzhäuschen. Manche sind mit Veranda versehen, manche ohne, manche schmückt ein bunt bemalter Betonboden, manche bestehen ganz aus Holz, alle haben eine Fläche von 20 Quadratmetern. Auch dreieinhalb Jahre nach dem Beben sehen so die Behausungen aus, die die internationalen Hilfsorganisationen für die Opfer errichten.
1,5 Millionen Menschen verloren 2010 ihr Heim, im vergangenen Jahr machten die Stürme Isaac und Sandy noch einmal viele Familien obdachlos. Derzeit leben noch rund 279.000 Menschen in Zeltlagern. Die „Temporary shelters“ (Übergangshäuschen) sollen mindestens drei bis sechs Jahre bewohnbar sein. Ein Grund dafür, dass weiterhin nur Übergangshäuser entstehen, ist, dass Geldgeber Programme für solche Häuschen entworfen haben, selten für feste Häuser. Auch in den zur Jahresmitte überarbeiteten UN-Programmen sind für weitere Baumaßnahmen praktisch nur Übergangshäuser in Planung.
Manche Helfer haben schnell Argumente dafür an der Hand, dass solche an deutsche Gartenschuppen erinnernden Häuschen errichtet werden: Die meisten Familien haben vorher unter schlechteren Bedingungen gewohnt. Die Hütten sind mit Betonfundamenten und hurrikan- wie erdbebensicheren Verstrebungen versehen. Der Konstruktion liegt ein Gerüst zugrunde, aus dem die Menschen mit geringem Aufwand ein festes Haus machen können, sobald sie etwas Geld beiseite gelegt haben. Praktisch alle Organisationen haben solche Häuser gebaut. Sie sind sich bewusst, dass es meist keine Übergangshäuser sind und dass die Menschen sehr lange in diesen Häuschen wohnen werden.
Hilfsorganisationen sind trotz des provisorischen Eindrucks, den die Häuschen machen, stolz auf ihre Errungenschaften. Manche Holzhäuschen können eine zweiteilige Flügeleingangstür vorweisen, durch die auch ein Rollstuhlfahrer gut ins Haus kann. Außerdem wurde eine Trennwand in der Mitte der Hütte mit eingebaut, die etwas Sichtschutz und private Atmosphäre für die Eltern gewährleistet. Ganz wichtig ist die Veranda, denn das Leben spielt sich auf Haiti vor allem außerhalb des Hauses ab. Aber im Prinzip ist man sich eigentlich einig, dass inzwischen auf feste Häuser übergegangen werden müsste. Die sind allerdings rund dreimal so teuer wie die Retortenhäuser. Das würde die Bilanz beim Wiederaufbau erheblich verringern, denn fürs gleiche Geld könnten viel weniger Häuser in Angriff genommen werden.
Allerdings konnte selbst für die einfachen Schuppen kein einheitlicher Standard aufgestellt werden. Jede Organisation baut nach eigenem Konzept, mit anderem Holz, anderen Dachkonstruktionen oder anderem Verandastil. Das hinterlässt umso mehr einen leicht chaotischen Anblick, wie bunt zusammengewürfelt wirkt diese Gartenschuppen-Siedlung.
Präsident Michel Martelly hat jeder Familie ein Haus zugesichert. Jetzt will er die verbliebenen 352 Camps dicht machen, in denen noch rund 279.000 Haitianer hausen (Stand Juni 2013). Bis zum Jahresende soll die Zahl der Menschen dort auf 233.573 verringert werden. Obwohl Regierung und Hilfsorganisationen sich auf ein Konzept verständigt haben, in welchem Zeitrahmen man die Camps schließt, wurden in einige Lager Trecker oder Bulldozer geschickt, die die Zelte nachts platt walzten. Die UN hat im Juni offiziell Protest gegen dieses Vorgehen bei der Regierung eingelegt. Denn in diesem Jahr sind besonders viele Menschen bei solchen Nacht-Aktionen obdachlos geworden.
Seit Jahresbeginn wurden bereits 4.000 Menschen mit Gewalt aus den Lagern entfernt. Wenn es so weitergehe, stünden 75.000 Menschen in 105 Lagern bald auf der Straße. Inzwischen übten die privaten Landeigentümer immer mehr Druck aus und verlangten, dass die Menschen den Platz räumten. Der größte Teil der Lager wurde auf privatem Grund errichtet, stellt das Inter Agency Standing Committee (IASC) in seinem Bericht für das erste Halbjahr fest. Aber davon, dass jeder Haitianer stolzer Besitzer eines Hauses wird, ist das Land weit entfernt.
Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Tagesspiegel“, tagesspiegel.de
1,5 Millionen Menschen verloren 2010 ihr Heim, im vergangenen Jahr machten die Stürme Isaac und Sandy noch einmal viele Familien obdachlos. Derzeit leben noch rund 279.000 Menschen in Zeltlagern. Die „Temporary shelters“ (Übergangshäuschen) sollen mindestens drei bis sechs Jahre bewohnbar sein. Ein Grund dafür, dass weiterhin nur Übergangshäuser entstehen, ist, dass Geldgeber Programme für solche Häuschen entworfen haben, selten für feste Häuser. Auch in den zur Jahresmitte überarbeiteten UN-Programmen sind für weitere Baumaßnahmen praktisch nur Übergangshäuser in Planung.
Manche Helfer haben schnell Argumente dafür an der Hand, dass solche an deutsche Gartenschuppen erinnernden Häuschen errichtet werden: Die meisten Familien haben vorher unter schlechteren Bedingungen gewohnt. Die Hütten sind mit Betonfundamenten und hurrikan- wie erdbebensicheren Verstrebungen versehen. Der Konstruktion liegt ein Gerüst zugrunde, aus dem die Menschen mit geringem Aufwand ein festes Haus machen können, sobald sie etwas Geld beiseite gelegt haben. Praktisch alle Organisationen haben solche Häuser gebaut. Sie sind sich bewusst, dass es meist keine Übergangshäuser sind und dass die Menschen sehr lange in diesen Häuschen wohnen werden.
Hilfsorganisationen sind trotz des provisorischen Eindrucks, den die Häuschen machen, stolz auf ihre Errungenschaften. Manche Holzhäuschen können eine zweiteilige Flügeleingangstür vorweisen, durch die auch ein Rollstuhlfahrer gut ins Haus kann. Außerdem wurde eine Trennwand in der Mitte der Hütte mit eingebaut, die etwas Sichtschutz und private Atmosphäre für die Eltern gewährleistet. Ganz wichtig ist die Veranda, denn das Leben spielt sich auf Haiti vor allem außerhalb des Hauses ab. Aber im Prinzip ist man sich eigentlich einig, dass inzwischen auf feste Häuser übergegangen werden müsste. Die sind allerdings rund dreimal so teuer wie die Retortenhäuser. Das würde die Bilanz beim Wiederaufbau erheblich verringern, denn fürs gleiche Geld könnten viel weniger Häuser in Angriff genommen werden.
Allerdings konnte selbst für die einfachen Schuppen kein einheitlicher Standard aufgestellt werden. Jede Organisation baut nach eigenem Konzept, mit anderem Holz, anderen Dachkonstruktionen oder anderem Verandastil. Das hinterlässt umso mehr einen leicht chaotischen Anblick, wie bunt zusammengewürfelt wirkt diese Gartenschuppen-Siedlung.
Präsident Michel Martelly hat jeder Familie ein Haus zugesichert. Jetzt will er die verbliebenen 352 Camps dicht machen, in denen noch rund 279.000 Haitianer hausen (Stand Juni 2013). Bis zum Jahresende soll die Zahl der Menschen dort auf 233.573 verringert werden. Obwohl Regierung und Hilfsorganisationen sich auf ein Konzept verständigt haben, in welchem Zeitrahmen man die Camps schließt, wurden in einige Lager Trecker oder Bulldozer geschickt, die die Zelte nachts platt walzten. Die UN hat im Juni offiziell Protest gegen dieses Vorgehen bei der Regierung eingelegt. Denn in diesem Jahr sind besonders viele Menschen bei solchen Nacht-Aktionen obdachlos geworden.
Seit Jahresbeginn wurden bereits 4.000 Menschen mit Gewalt aus den Lagern entfernt. Wenn es so weitergehe, stünden 75.000 Menschen in 105 Lagern bald auf der Straße. Inzwischen übten die privaten Landeigentümer immer mehr Druck aus und verlangten, dass die Menschen den Platz räumten. Der größte Teil der Lager wurde auf privatem Grund errichtet, stellt das Inter Agency Standing Committee (IASC) in seinem Bericht für das erste Halbjahr fest. Aber davon, dass jeder Haitianer stolzer Besitzer eines Hauses wird, ist das Land weit entfernt.
Video-Beiträge zu diesem Thema | |
Mühsamer Wiederaufbau nach dem Erdbeben in Haiti |
Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Tagesspiegel“, tagesspiegel.de