Global: Kampfdrohnen – Der Krieg mit ferngesteuerten Waffen

Meldung vom 26.10.2015

Kampfdrohnen sind Waffen, die die USA besonders im Anti-Terror-Kampf einsetzen. Einzelne Top-Terroristen sollen mittels der bewaffneten Drohne ausgeschaltet werden. Doch leider kommt es dabei auch immer wieder zu zivilen Opfern, auch wenn die USA das verschleiern wollen. Dazu kursieren im militärischen Jargon zahlreiche Begriffe, die den weltweiten Krieg mit ferngesteuerten Waffen beschönigen.

Der ehemalige Drohnenoperator Brandon Bryant definiert seinen früheren Beruf sehr kurz und prägnant: „Drohnenpiloten sind Menschenjäger“, betonte er vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Solche deutlichen Worte sind außergewöhnlich. Wenn es um den Krieg geht, der weltweit mit Drohnen geführt wird, bemühen sich alle Beteiligten – auch die deutsche Regierung –, jedes Detail zu vertuschen und zu tarnen. Denn der Einsatz der Kampfdrohnen bewegt sich in einem juristischen Graubereich.

Die militärische Doktrin der Vereinigten Staaten im sogenannten Krieg gegen den Terror legt Gefangennahme oder Tötung fest, auf Englisch: „capture or kill“. Doch bei Terroristen wird selten Wert darauf gelegt, sie zu fangen und vor ein Gericht zu stellen, sondern sie im Zweifel zu eliminieren. Dafür werden auch Einsätze von Kommandos am Boden durchgeführt. Über alle Bildschirme verfolgen konnte man beispielsweise die Operation „Neptune’s Spear“, die Suche nach Osama bin Laden – der erschossen wurde, obwohl er selbst wohl keine Waffe trug.

Doch Drohneneinsätze haben diese Bodeneinsätze beinahe abgelöst. Auch für sie ist offiziell die Doktrin „capture or kill“ bindend. Bei Tausenden von Drohneneinsätzen im Irak, Afghanistan, Pakistan, Somalia und Jemen wurden Zehntausende Menschen getötet – dabei ging es offiziell immer um den Kampf gegen islamistische Extremisten. Doch einer Drohne kann man sich nicht ergeben, ein „capture“ ist von vornherein ausgeschlossen.

The Intercept, eine Internetplattform, die Informationen eines Whistleblowers zum Thema Drohnen veröffentlicht hat, verweist auf den Fall Bilal al-Berdschawi. Mehrere Jahre lang wurde der britische Staatsbürger libanesischer Abstammung von britischen und amerikanischen Geheimdiensten observiert, weil er mit Al-Kaida-Führern an einem Strang zog. Inhaftiert wurde er nie, obwohl es genug Gelegenheit gab, er hielt sich oft in Großbritannien auf. 2012 dann entzogen ihm die Briten die Staatsbürgerschaft. Kurz darauf landete er auf der „kill list“ der USA, auf der Liste der im Zweifel zu erschießenden Menschen. Am 21. Januar 2012 wurde sein Auto nördlich von Mogadischu in Somalia von einer Rakete getroffen und Al-Berdschawi getötet.

Die Begründung dafür, dass die USA überhaupt in Ländern Menschen zum Angriffsziel machen, mit denen sie keinen Krieg führen, liegt auf der Hand. Die US-Regierung rechtfertigt sich damit, dass sie einen Kampf gegen einen „transnational non-state actor“ führt, einen nichtstaatlichen Akteur, der über Ländergrenzen hinweg operiere. Sie stufen Terrororganisationen wie Al-Kaida als einen legitimen Kriegsgegner ein und wenden Kriegsrecht an, auch wenn kein Staat und keine Armee festzumachen ist. Die Operationen der Islamisten werden jedoch als Kriegshandlung gesehen. Man stütze sich nur auf das Recht auf nationale Selbstverteidigung, lautet die Argumentation.

Der englische Ausdruck „signature strike“ (Angriffe auf militante Personen) ist eine Umschreibung für das Phänomen, dass viele der Drohnenangriffe Menschen zum Ziel haben, deren Identität niemand kennt. Ins Visier geraten sie, weil die US-Geheimdienste terroristische Machenschaften bei ihnen beobachtet hat. Doch auch hier lässt sich das nicht immer ganz exakt feststellen. Wer in Somalia einen Kleinlaster fährt, mit dem Islamisten zuvor Waffen transportiert haben, steht im Zweifel kurz vor dem Abschuss, wenn die Bildauswerter im Pentagon das Nummernschild wiedererkennen. Oder wer ein Haus aufsucht, in dem sich zuvor Kämpfer versammelt haben. Oder gar ein Mobiltelefon benutzt, das zuvor ein lokaler Kommandeur in Gebrauch hatte.

Das Pentagon bewertet die Toten danach als „legitimes Ziel“. Gleichzeitig musste das Ministerium einräumen, dass es keine Ahnung gehabt hatte, auf wen da eigentlich gezielt wurde. Solche „signature strikes“ kommen bis heute vor.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Zeit Online“, zeit.de