Somalia: Der Lido in Mogadischu – Badevergnügen statt Terror |
Meldung vom 02.10.2015
In Somalia zeigen sich zaghafte Ansätze einer Lebensverbesserung. Jetzt wird der Strand bei Mogadischu zum Wahrzeichen einer sich verändernden Gesellschaft. Zwei Jahrzehnte der Anarchie und Gewalt haben in Somalia Furchen der Zerstörung hinterlassen. Doch langsam setzt sich eine Normalisierung im Alltag der Menschen dort durch. Auch ein vorsichtiger Wirtschaftsaufschwung ereilt die Hauptstadt.
Es ist ein ungewohntes Bild für Somalia: Paare bummeln an der felsigen Küste entlang. Badende tummeln sich in den Wogen. Ein paar Jungs spielen Fußball im Sand. Strandlokale verlocken die Gäste im Schatten unter den Sonnenschirmen zum Verzehr von Meeresfrüchten und Tee.
Vor gerade einmal vier Jahren war Lido Beach eine lebensgefährliche Zone in der vom Krieg zerrütteten somalischen Hauptstadt Mogadischu. Kein Mensch wagte sich dorthin. Ganze Stadtteile litten unter der Schreckensherrschaft der islamistischen Terrorgruppe Al-Schabaab. Jahrelang mussten die Menschen Gewalt und Blutvergießen miterleben.
Heute präsentiert sich Mogadischu in neuem Licht. Hunderte Familien pilgern jedes Wochenende zum Lido Beach. Inzwischen haben dort viele Restaurants eröffnet, Hotels schießen wie Pilze aus dem Boden, am Wasser bieten Händler Eis an. „Ich bin in einer feindseligen Umgebung geboren und aufgewachsen“, erzählt die Verkäuferin Asho Elmi, während sie eine schwere Kühlbox mit Getränken und Eis den Strand entlang schleppt. „Jetzt hat Mogadischu eine vielversprechende Zukunft. Die Angst ist weg“, meint die 20-Jährige. Sie arbeite, bis die Dunkelheit einbricht, oft bis abends um halb zehn.
Auch wirtschaftlich stehen alle Zeichen auf Aufschwung. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) legte Somalias Wirtschaft 2014 um 3,7 Prozent zu. Für 2015 wird mit einem Wachstum von rund 2,7 Prozent gerechnet. „Auch wenn die politische Situation und die Sicherheitslage eine Herausforderung bleiben, hat Somalia enorme Fortschritte gemacht“, betonte der IWF Ende Juli 2015. Diese Entwicklung lässt sich im Alltag der Somalier wiederfinden.
Die Bauindustrie in Mogadischu expandiert. In der Innenstadt wird ein Hochhaus nach dem anderen errichtet. Nach und nach verdeckt man die Einschusslöcher in den Fassaden hinter frischem Putz und Farbe. Inzwischen können Besucher in einem der mehr als 200 Hotels Mogadischus unterkommen. 2012 gab es davon gerade einmal zwölf.
Der Bakara-Markt im Herzen der Stadt, wo Al-Schabaab-Terroristen und Friedenstruppen einst tagtäglich in erbitterten Feuergefechten aneinander gerieten, ist wieder ein belebtes Einkaufsviertel. Inmitten der vielen Lebensmittel-, Bekleidungs- und Haushaltswarengeschäfte tätigen Somalier ihre alltäglichen Einkäufe und treffen sich in kleinen Restaurants und Kaffeehäusern.
Erstmals seit 1991 bieten die Regale in den Supermärkten sogar „moderne“ Importprodukte wie Energydrinks zum Verkauf. „In punkto Sicherheit hat es große Fortschritte gegeben“, unterstreicht Nije Sharif, der einen Bereich des Markts leitet. „Das hat die Menschen und Betreiber ermutigt, ihre Geschäfte auch nachts zu öffnen“, meint er.
An fast jeder Ecke findet man ein Internetcafé – eine große Errungenschaft, wenn man bedenkt, dass die Somalier noch vor wenigen Jahren vom Rest der Welt abgeschnitten waren und Internet von den Islamisten verboten wurde. „Es kommt ein neues Somalia ans Licht“, freut sich Ahmed Tall, Dozent für Betriebswirtschaftslehre an Mogadischus Simad-Universität.
Eine wichtige Begleiterscheinung des wirtschaftlichen Aufschwungs ist das neue Bankensystem. Die örtliche Premier Bank konnte ein Abkommen mit der Kreditkartengesellschaft Mastercard aushandeln und führte im Mai 2015 – eine Premiere in dem Land – Debitkarten ein. Nun können Somalier aus Bankomaten Geld beziehen und in Geschäften mit Karte bezahlen, statt stundenlang am Bankschalter um Bargeld in der Schlange anzustehen. In einer Stadt, in der das Herumtragen größerer Bargeldsummen weiterhin gefährlich ist, ist das eine große Erleichterung.
Dennoch steht Somalia noch ein langer Weg bevor. Die Sicherheitslage in dem Land ist immer noch prekär. Die geschwächte Al-Schabaab-Miliz verunsichert das Land weiterhin mit Attentaten und tötet jährlich Hunderte Menschen. Das Land ist von Kriminalität geprägt, die Infrastruktur noch sehr rückständig, die Armut immens.
Trotz all dieser Probleme kann man überall eine neue positive Dynamik spüren. Die Menschen glauben wieder daran, dass sie diese Hindernisse überwinden können, sagt der Geschäftsführer der Premier Bank, Mahat Mohamed Ahmed. „Banken, Versicherungsgesellschaften, Sicherheits-, Immobilien- und Tourismusunternehmen expandieren“, erklärt er. Für die Somalier sind das ansehnliche wichtige Schritte in eine bessere Zukunft.
Quelle: „Sächsische Zeitung“, www.sz-online.de
Schlagwörter: Somalia, Lido, Strand, Mogadischu, Aufschwung, Sicherheit, Alltag, Al-Schabaab, Al-Shabaab, Terror, Bauboom, Banken, Bankensystem, Baden, Bakara-Markt, Internet, Internetcafés, Hochhäuser, Hotels, Immobilienunternehmen
Es ist ein ungewohntes Bild für Somalia: Paare bummeln an der felsigen Küste entlang. Badende tummeln sich in den Wogen. Ein paar Jungs spielen Fußball im Sand. Strandlokale verlocken die Gäste im Schatten unter den Sonnenschirmen zum Verzehr von Meeresfrüchten und Tee.
Vor gerade einmal vier Jahren war Lido Beach eine lebensgefährliche Zone in der vom Krieg zerrütteten somalischen Hauptstadt Mogadischu. Kein Mensch wagte sich dorthin. Ganze Stadtteile litten unter der Schreckensherrschaft der islamistischen Terrorgruppe Al-Schabaab. Jahrelang mussten die Menschen Gewalt und Blutvergießen miterleben.
Heute präsentiert sich Mogadischu in neuem Licht. Hunderte Familien pilgern jedes Wochenende zum Lido Beach. Inzwischen haben dort viele Restaurants eröffnet, Hotels schießen wie Pilze aus dem Boden, am Wasser bieten Händler Eis an. „Ich bin in einer feindseligen Umgebung geboren und aufgewachsen“, erzählt die Verkäuferin Asho Elmi, während sie eine schwere Kühlbox mit Getränken und Eis den Strand entlang schleppt. „Jetzt hat Mogadischu eine vielversprechende Zukunft. Die Angst ist weg“, meint die 20-Jährige. Sie arbeite, bis die Dunkelheit einbricht, oft bis abends um halb zehn.
Auch wirtschaftlich stehen alle Zeichen auf Aufschwung. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) legte Somalias Wirtschaft 2014 um 3,7 Prozent zu. Für 2015 wird mit einem Wachstum von rund 2,7 Prozent gerechnet. „Auch wenn die politische Situation und die Sicherheitslage eine Herausforderung bleiben, hat Somalia enorme Fortschritte gemacht“, betonte der IWF Ende Juli 2015. Diese Entwicklung lässt sich im Alltag der Somalier wiederfinden.
Die Bauindustrie in Mogadischu expandiert. In der Innenstadt wird ein Hochhaus nach dem anderen errichtet. Nach und nach verdeckt man die Einschusslöcher in den Fassaden hinter frischem Putz und Farbe. Inzwischen können Besucher in einem der mehr als 200 Hotels Mogadischus unterkommen. 2012 gab es davon gerade einmal zwölf.
Der Bakara-Markt im Herzen der Stadt, wo Al-Schabaab-Terroristen und Friedenstruppen einst tagtäglich in erbitterten Feuergefechten aneinander gerieten, ist wieder ein belebtes Einkaufsviertel. Inmitten der vielen Lebensmittel-, Bekleidungs- und Haushaltswarengeschäfte tätigen Somalier ihre alltäglichen Einkäufe und treffen sich in kleinen Restaurants und Kaffeehäusern.
Erstmals seit 1991 bieten die Regale in den Supermärkten sogar „moderne“ Importprodukte wie Energydrinks zum Verkauf. „In punkto Sicherheit hat es große Fortschritte gegeben“, unterstreicht Nije Sharif, der einen Bereich des Markts leitet. „Das hat die Menschen und Betreiber ermutigt, ihre Geschäfte auch nachts zu öffnen“, meint er.
An fast jeder Ecke findet man ein Internetcafé – eine große Errungenschaft, wenn man bedenkt, dass die Somalier noch vor wenigen Jahren vom Rest der Welt abgeschnitten waren und Internet von den Islamisten verboten wurde. „Es kommt ein neues Somalia ans Licht“, freut sich Ahmed Tall, Dozent für Betriebswirtschaftslehre an Mogadischus Simad-Universität.
Eine wichtige Begleiterscheinung des wirtschaftlichen Aufschwungs ist das neue Bankensystem. Die örtliche Premier Bank konnte ein Abkommen mit der Kreditkartengesellschaft Mastercard aushandeln und führte im Mai 2015 – eine Premiere in dem Land – Debitkarten ein. Nun können Somalier aus Bankomaten Geld beziehen und in Geschäften mit Karte bezahlen, statt stundenlang am Bankschalter um Bargeld in der Schlange anzustehen. In einer Stadt, in der das Herumtragen größerer Bargeldsummen weiterhin gefährlich ist, ist das eine große Erleichterung.
Dennoch steht Somalia noch ein langer Weg bevor. Die Sicherheitslage in dem Land ist immer noch prekär. Die geschwächte Al-Schabaab-Miliz verunsichert das Land weiterhin mit Attentaten und tötet jährlich Hunderte Menschen. Das Land ist von Kriminalität geprägt, die Infrastruktur noch sehr rückständig, die Armut immens.
Trotz all dieser Probleme kann man überall eine neue positive Dynamik spüren. Die Menschen glauben wieder daran, dass sie diese Hindernisse überwinden können, sagt der Geschäftsführer der Premier Bank, Mahat Mohamed Ahmed. „Banken, Versicherungsgesellschaften, Sicherheits-, Immobilien- und Tourismusunternehmen expandieren“, erklärt er. Für die Somalier sind das ansehnliche wichtige Schritte in eine bessere Zukunft.
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Quelle: „Sächsische Zeitung“, www.sz-online.de
Schlagwörter: Somalia, Lido, Strand, Mogadischu, Aufschwung, Sicherheit, Alltag, Al-Schabaab, Al-Shabaab, Terror, Bauboom, Banken, Bankensystem, Baden, Bakara-Markt, Internet, Internetcafés, Hochhäuser, Hotels, Immobilienunternehmen