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Uganda: Jede fünfte Frau Opfer von sexualisierter Gewalt

Meldung vom 23.01.2024

In Uganda wird jede fünfte Frau mit sexualisierter Gewalt konfrontiert, Fikira ist eine von ihnen. Die Polizei ist in soclhen Fällen korrupt und misogyn bis ins innere Mark. Ein Netzwerk aus Hilfsorganisationen aber fängt die Opfer auf.

Fikira hatte große Träume. In der Schule war sie sehr erfolgreich, später wollte sie eine Ausbildung zur Polizistin machen. Und eigentlich wäre sie jetzt schon mitten drin, sagt sie unter Tränen. Aber eine Nacht im Sommer 2022 hat alles zunichte gemacht.

Heute ist sie untröstlich über ihre verbaute Chance. Wenn sie von ebenjener Nacht berichtet, geht sie schonungslos vor und zählt jedes Detail auf. Sie erinnert sich an jede Sekunde. Sie schildert, wie die Männer sie festhielten. Berichtet über ihre Scham danach. Die Vergewaltigung verfolgt sie in ihre Träume: „Ihre Gesichter werde ich nie vergessen.“

Ihre Familie nahm schnell wahr, dass etwas nicht stimmte, „aber ich habe gesagt, es ist nichts“. Erst nach Tagen erzählte Fikira es ihrer Tante. Die ist SASA-Aktivistin, kurz für Start Awareness, Support Action. SASA-Aktivistinnen sind Frauen, die in ihren Gemeinden über geschlechtsspezifische Gewalt reden, Betroffene ausfindig machen und ihnen Hilfe anbieten – sei das finanzielle Unterstützung für medizinische Behandlungen oder rechtlicher Beistand. Unterstützt werden sie von westlichen Hilfsorganisationen.

Das ist auch deshalb entscheidend, weil die ugandische Polizei sehr träge ist, wenn sich ein Opfer bei ihnen meldet. Manche Polizisten halten erst die Hand auf, bevor sie überhaupt zu ermitteln beginnen, berichtet eine NGO-Vertreterin vor Ort. „Korruption steckt im Knochenmark der Polizei“, gibt ein Polizist zu, der anonym bleiben möchte. Er weiß, wovon er redet, nahezu täglich werden ihm Bestechungsangebote angetragen: „Die Armen gewinnen keine Fälle.“

Jede fünfte Frau ist in Uganda schon mit sexueller Gewalt konfrontiert worden – viele erleiden dieses Schicksal sogar in ihrer Ehe, der Täter ist ihr Ehemann. Je jünger die Frau, desto höher ist das Opferrisiko. Von offizieller Seite haben die Frauen in Uganda wenig Hilfe zu erwarten, das Land ist tief verwurzelt in patriarchale Strukturen und kulturelle Traditionen. Wenn offizielle Stellen aber nicht für Gewaltopfer sorgen, dann werden NGOs tätig.

Vierteljährlich versammeln sich im Norden Ugandas deshalb engagierte Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen, um Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt zu debattieren und Lösungen zu finden: medizinische Fachleute, Aktivistinnen, Juristinnen, Polizisten ebenso wie kulturelle leitende Persönlichkeiten. Sie tauschen sich darüber aus, wie man Opfern helfen kann, aber auch, wie man mit Tätern umgehen soll.

Es ist noch nicht lange her, da wurde Fikiras Fall in so einer Konferenz aufgegriffen. Im Juni 2022 war sie auf dem Weg zu einer Party, als sie von drei Männern – 17, 16 und 14 Jahre alt – überwältigt wurde. Sie entrissen ihr das Handy – um es wiederzubekommen, wurde sie gezwungen, mitzukommen. Sie ging hinter ihnen her, bis sie eine einsame Stelle erreichten. Die drei vergewaltigten sie auf brutalste Art und Weise.

Als Fikira der Polizei all das berichtet, schickte ein Beamter sie ins Krankenhaus – zur Spurensicherung, und um zu untersuchen, ob die Täter sie mit Krankheiten angesteckt hätten. Der HIV-Test fiel negativ aus. Aber der Arzt diagnostizierte: Fikira war schwanger. Das Unrecht: Mit so einer Untersuchung findet in den meisten Fällen die Unterstützung des Staates für Gewaltopfer ihren Abschluss.

Doch hier griff nun das Netz von NGOs ein: Sie alle sind gut vernetzt. Ein Anruf im Krankenhaus genügte, und Fikira musste für ihre Untersuchungen nicht lange warten. „Dieses wasserdichte Netzwerk und die Solidarität unter Frauen machen manchen Männern hier in der Region ganz schön Angst“, betonte Naomi Acara von CARE Uganda. „Gut so.“ Während Fikira heute ihre Geschichte kundtut, stillt sie das Baby. Ab und zu fällt eine Träne auf den Kopf der Kleinen, sie wischt sie rasch weg. Vor knapp einem Jahr gebahr Fikira ihre Tochter. Munguci Naira heißt sie. Das heißt übersetzt so viel wie „Gott ist da“.

Viele andere Fälle werden fallen gelassen, weil die Polizei die Opfer nicht ernst nimmt oder Beweise fehlen. Dank der Ermittlungen wurden zwei der Täter in Fikiras Fall ergriffen, der dritte konnte sich nach Kongo absetzen, vermutet man. Die junge Frau hat keine Ahnung, welcher von den Vergewaltigern der Vater ihrer Tochter ist. Theoretisch könnte sie einen Vaterschaftstest verlangen. Doch auf diese Frage hin blickt sie nur zu Boden und schweigt. Eine Sache aber steht für sie fest: Das Kind trägt keine Schuld, sie liebt es. Und eines Tages möchte sie ihrer Tochter die Wahrheit sagen: „Damit sie sich möglichst gut schützen kann!“

Ihre Träume hat Fikira trotz allem noch nicht über Bord geworfen. Wenn Munguci älter ist, will sie nochmal den Schulabschluss angehen und dann Polizistin werden: „Damit ich Verbrecher einsperren kann.“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Standard“, derStandard.at

Schlagwörter: Uganda, Frauen, Gender, Vergewaltigung, sexualisierte Gewalt, Kriminalität, patriachalische Strukturen, Traditionen, Männer, Untersuchung, Korruption, Polizei, Ermittlungen, Straflosigkeit